11/9 und 9/11: Eine Denkübung zum Thema Krieg und Antisemitismus im 20. und 21. Jahrhundert Von Michael Geyer (University of Chicago)
13. November 2024, 18 Uhr (c.t.)
Raum: H 1035 im Hauptgebäude der TU Berlin
Über den Vortrag:
Der 11. November 1918 und der 9. September 2001 sind ikonische Daten in den Erinnerungskulturen Deutschlands und der Vereinigten Staaten. Hier sind sie Anlass für eine Betrachtung über Krieg und revolutionäre Gewalt, in denen Juden zu existentiellen Feinden wurden. Das Thema ist deshalb nicht Antisemitismus als solcher, sondern Krieg und Vernichtung in ihren jeweiligen epochalen, gesellschaftlichen und geopolitischen Zusammenhängen. Es handelt sich dabei um eine Denkübung schon allein deshalb, weil das Thema untrennbar verwoben ist in die Gewaltexplosion in Israel und Gaza, die als hybrider Krieg Deutschland und die USA erfasst haben. Es ist aber auch deshalb eine Übung, weil die feste Erwartung einer — meiner – Nachkriegsgeneration, dass Krieg und Antisemitismus durch historische Aufklärung überwunden werden könnten, geplatzt ist. Mehr noch: Hat die Diskussion über den „neuen Antisemitismus“ versucht, das Neue im Alten zu finden, so ist gegenwärtig nicht zu übersehen, dass alte Stimmigkeiten – links-rechts, progressiv-konservativ, provinziell- kosmopolitisch, universal-global – ebenso wenig mehr greifen wie ältere Ansätze zur Konfrontation mit Antisemitismus, und dies bei einem gleichzeitigen Übermaß an Anleitungen, wie Antisemitismus zu bekämpfen sei. Was zunächst bleibt, sind Beobachtungen und Denkübungen.
Über den Vortragenden:
Michael Geyer wuchs in Südwestdeutschland auf, studierte und promovierte in Freiburg und begann seine akademische Laufbahn nach Studien-Aufenthalten in Mainz und Oxford an der University of Michigan in Ann Arbor. Er folgte einem Ruf an die University of Chicago, wo er Samuel N. Harper Professor of German and European History war. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in der Militär- und Kriegsgeschichte, der neueren und neuesten deutschen Geschichte, der Globalgeschichte und der Geschichte der Menschenrechte. Er leitete über viele Jahre das Human Rights Programm an der University of Chicago und unterrichtete kurzzeitig in Bochum und Leipzig sowie in Wien, Beijing. Jerusalem und London. Seine letzte, größere Arbeit ist die Herausgabe, zusammen mit Adam Tooze, des 3. Bandes (Total War: Economy, Society, Culture) der Cambridge History of the Second World War. Neuerdings arbeitet er an einer deutschen und jüdischen Familiengeschichte und versucht, die Ruinenwelt der Gegenwart zu begreifen.
Eine Voranmeldung ist nicht notwendig.
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